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Blood & Sinners

Titel: Blood & Sinners – Kritik von Robert Wagner In Ryan Cooglers Blood & Sinners wird eine durch die Musik zusammengehaltene afroamerikanische Gemeinschaft von einer vampirischen Horde belagert. Der atmosphärische Gangsterfilm gibt sich ganz den Klängen des Blues hin – bis das Trommelfeuer der Tommy Guns alles übertönt. „Da wo man singt, lass dich ruhig nieder, böse Menschen haben keine Lieder.“ Wie Hohn erscheint dieses geflügelte Wort angesichts Ryan Cooglers Blood & Sinners. Zwar steht gerade die verbindende Kraft von Musik im Mittelpunkt des Films: Die Zwillingsbrüder Smoke und Stack (beide gespielt von Michael B. Jordan) eröffnen während der 1930er in einer alten Sägemühle in den US-Südstaaten einen Nachtclub, in dem die schwarzen Baumwollpflücker sich vermittels der Blues-Musik als Teil einer Jahrhunderte überspannenden Gemeinschaft der Unterdrückten und Leidenden fühlen können. Doch zugleich werden die durch die Musik miteinander Verbundenen zur Zielscheibe für all jene, die in Blues und Nachtclubs das Werk des Teufels sehen. Vor allem aber kennt das Böse in Cooglers Film selbst allerhand Lieder. Die Waffe der Marginalisierten Dieses Böse (Jack O’Connell) taucht mitten in der Nacht auf, klopft an die Tür des Clubs und spielt Banjo. Der Ku-Klux-Klan hat es zwar auch auf diesen Ort der Afroamerikaner abgesehen, doch die Bedrohung taucht zuerst in Form dieses unscheinbaren Vampires auf, dem es nach Musik und Blut dürstet. Mit harmonischem Bluegrass möchte er zunächst seine Unschuld und Hipness beweisen, doch schon bald wird er mit einer ständig wachsenden Armee von gebissenen Untoten irische Folkmusik schmettern und dadurch eine Gemeinschaft vorführen, die wie die Besucher des Clubs durch Musik zusammengehalten wird, die behauptet, dass alles besser sei, wenn das Vampiroberhaupt für jeden denkt, und die nur auf Zerstörung aus ist. In einer Umkehr des alten Motivs des Musikers, der seine Seele für Können und Talent an den Teufel verkauft, gibt die Inkarnation des Bösen in Blood & Sinners nicht, sondern sie nimmt. Den Schmerz der Iren, dieses kolonialisierten und marginalisierten Volkes, hat sich der Vampir schon als musikalisches Werkzeug der Verführung einverleibt, nun will er auch die Kraft des Blues in sich aufnehmen, indem er den begnadeten Bluesmusiker Sammie (Miles Caton) beißt und so dessen Wissen und Können assimilieren kann. Eine musikalische Anthologie von Delta Blues bis Hip-Hop Blood & Sinners interessiert sich vor allem für und funktioniert zuallererst über die Musik. Kaum vergehen einige Minuten, in der mal nicht jemand zu Gitarre oder Mundharmonika greift oder jemand zu singen anfängt. In verschiedenen Formen wird der Delta Blues zelebriert, Worksongs werden von Gefängnisinsassen gesungen, an denen Stack vorbeifährt, immer wieder besteht Ludwig Göranssons Soundtrack aus Fingerstyle-Gitarrenspiel wie von John Fahey und auch der Bluegrass und der irische Folk, die der Film zwar zum Teil als Antipoden des Blues inszeniert, werden nicht verteufelt, sondern in ihrer Schönheit und Kraft betont. Wie O Brother, Where Art Thou? (2000), nur aus einer dezidiert schwarzen Perspektive, versucht sich Ryan Cooglers Film an einer Anthologie der traditionellen Musik der Südstaaten – und stellt sie in eine direkte Entwicklungslinie mit anderen Formen traditioneller Musik wie westafrikanischen Griots oder der Peking Oper. In einer bezeichnenden (wenn auch etwas bemühten) Sequenz transzendiert ein Auftritt Sammies im Nachtclub Zeit und Raum, sein Lied verschmilzt mit den erwähnten früheren Formen musikalischen Ausdrucks und weist zugleich in Richtung Zukunft, in Richtung von Funkadelic und frühem Hip-Hop. Musik wird hier als universelle Kraft dargestellt, die schon immer in der Lage war, Leid zu lindern, … und die gleichzeitig stets zur Verfestigung zerstörerischer Gemeinschaft dienen und deren Schönheit für geschönte Außenwirkung eingesetzt werden kann. Die Narben vergangenen Unglücks sind allgegenwärtig Nur bettet Coogler dieses musikalische Panoptikum nicht in die Geschichte einer Odyssee ein, wie es die Coens taten, sondern in einen Gangsterfilm – der mit dem nächtlichen Angriff schließlich ins Übernatürliche kippt. Die von Michael B. Jordan gespielten Zwillinge Smoke und Stack sind in den Norden, nach Chicago gegangen, haben dort nur Rassismus und Ausbeutung gefunden, und sind nun mit irischem Bier, italienischen Wein und jeder Menge Geld in ihre Heimat zurückgekehrt. Mit harter Hand und griffbereiten Waffen setzen sie nun ihre Pläne zur Eröffnung des Clubs gegen jeden Widerstand um. Die Vorbereitungen führen den Brüdern aber vor allem eine gespaltene, schmerzzerfressene Gesellschaft vor. Denn die schwarze Gemeinde der Stadt ist gespalten zwischen der Tugendhaftigkeit eines von außen aufoktroyierten Christentums und dem Genuss im jetzigen Leben mittels des Blues, zwischen profitorientiertem Nihilismus und einem seelsorgenden traditionellen Geisterglauben. Die Rassenzugehörigkeit ist angesichts des Settings natürlich ebenso ein inhärentes Problem. In einer kleinen Plansequenz zeigt der Film, wie eine junge chinesische Frau eine Straße überschreitet und von dem einen Gemischtwarenladen ihrer Eltern für die Schwarzen zu dem anderen für die Weißen wechselt. Die in Cooglers Film porträtierte Gesellschaft ist schizophren bis ins Mark und problematisiert nicht nur die Identität einer jungen Frau, die ein Viertel schwarz und drei Viertel Weiß ist, sondern eines jeden, der im Schatten des Ku-Klux-Klans ein selbstbestimmtes Leben führen möchte. Kinder sterben, eine Liebe wird durch Rassengrenzen unmöglich gemacht, der eigene Vater verabscheut alles, was einem wichtig ist, der nächste Lynchmob kann stets hinter der nächsten Ecke lauern: Die Narben vergangenen Unglücks sind hier genauso omnipräsent wie die ständige Sorge, mit den eigenen Taten für noch mehr Leid zu sorgen. Michael B. Jordan schaut in seiner Doppelrolle fast durchgängig grimmig drein, immer abwägend, woher die nächste Bedrohung kommen könnte. Wenn er doch mal lacht, dann ist es jedes Mal eine etwas unheimliche Irritation. Kugelhagel und banale Katharsis Doch die Erwartungen, die Cooglers weitschweifiger Aufbau dieser zerrissenen Gesellschaft weckt, fallen ab dem Punkt in sich zusammen, an dem unsere Figuren in einer Bar feststecken und belagert werden. Der Film endet im Kugelhagel und im Feuer und ist dabei weder sonderlich ansehnlich noch ist irgendeine größere Sinnhaftigkeit erkennbar. Lebte der Film davor vom Versprechen, dass der penible Ausbau des Settings und die anthologische Aufreihung der Problemlagen der schwarzen Gemeinschaft zu etwas führen wird, mündet er dann doch nur in einen banalen kathartischen Gewaltausbruch – eine farblose Version von From Dusk Till Dawn (1996). Wie Coogler zuvor die Musikarten miteinander verschwimmen ließ, werden hier die Schicksale der Figuren miteinander gleichgemacht, bis schließlich jede dramatische Wirkung verpufft. Und selbst die größte Qualität des Films kippt schlussendlich ins Triste, wenn Göransson als Höhepunkt seiner Filmmusik plötzlich ganz auf uninspirierten Heavy Metal baut. alle neuen Trailer Es gibt bisher noch keine Kommentare. Kommentare der Nutzer geben nur deren Meinung wieder. Durch das Schreiben eines Kommentars stimmen sie unseren Regeln zu.

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